FAQ: Abgeordnetenbezüge NRW

 Nordrhein- Westfalen hat das transparenteste System der Abgeordnetenbezüge

Im Jahr 2005 gab es in NRW eine große Diätenreform, die kurz vor der damaligen Landtagswahl einstimmig von allen Fraktionen des damaligen Landtags beschlossen wurde. Auch viele gesellschaftliche Gruppen waren eingebunden, z.B. Gewerkschaften oder auch der „Bund der Steuerzahler“. Das alte Diätensystem in NRW war so ausgestaltet wie es heute noch in vielen anderen Landesparlamenten und im Bundestag ist: Die Abgeordneten erhielten eine steuerpflichtige Grunddiät, verschiedene steuerfreie Pauschalen für den Bürobetrieb in Düsseldorf, ihr Wahlkreisbüro, Fahrtkosten und eine Entfernungspauschale. Im letzten Durchgang nach altem Abgeordnetenrecht bekamen die Abgeordneten 4.807 Euro Diät und bis zu 3758 Euro steuerfrei aus den Pauschalen.  Die Altersversorgung war sehr üppig ausgestaltet und wurde aus zukünftigen Haushalten des Landes bezahlt.

Die Reform 2005 diente dazu, Privilegien abzubauen und mehr Transparenz zu schaffen. Seit der Diätenreform weiß jede Bürgerin und jeder Bürger, wie viel die/der einzelne Abgeordnete „kostet“: Der o.g. Betrag enthält alle Leistungen nach altem Abgeordnetenrecht, also die Grunddiät, alle Pauschalen und einen Beitrag für ein Versorgungswerk zur Altersversorgung. Im Gegensatz zu früheren Jahren muss nicht nur die Grunddiät versteuert werden, sondern der komplette Betrag. Auch in dieser Hinsicht wurden durch die Diätenreform Privilegien abgebaut.

Das Versorgungswerk legt für alle Abgeordneten ihre individuellen Beiträge bis zum Eintritt in die Pension (Für Abgeordnete der 15. Wahlperiode 65, ab der 16. Wahlperiode 67 Jahre) an. Aus den entsprechend verzinsten Einlagen wird dann anhand versicherungsmathematischer Indikatoren eine individuelle Leibrente errechnet. Da es sich also um eine individuelle, kapitalgedeckte Pension handelt, sind alle in der politischen Landschaft diskutierten Zahlen als Durchschnittswerte für Durchschnittsabgeordnete zu verstehen. Natürlich werden die Versorgungsbeiträge für junge Abgeordnete länger angelegt als für ältere Abgeordnete – in meinem Fall werden meine ersten Beiträge über 41 Jahre angelegt. Daraus ergibt sich ohne Zweifel auch eine Diskrepanz zwischen den Abgeordneten.

Die Abgeordneten im Landtag NRW haben durch die Diätenreform 2005 die Altersbezüge deutlich abgesenkt, die meisten Abgeordneten erhalten nach neuem Recht ungefähr die Hälfte dessen, was die Kolleginnen und Kollegen im alten Recht erhalten. Das war ein guter und notwendiger Schritt, zu dem wir GRÜNE nach wie vor stehen.

Durch die Konstruktion mit dem Versorgungswerk ist zudem gewährleistet, dass Abgeordnete nach ihrem Ausscheiden aus dem Landtag (abgesehen von einem über Übergangsgeld) dem Landeshaushalt nie wieder zur Last fallen. Auch dadurch wächst die Transparenz der Abgeordnetenbezüge.

 

Warum erhalten PolitikerInnen überhaupt Geld für ihre Arbeit?

Im Geschichtsunterricht in der Unterstufe habe ich gelernt, die „Diäten“ hätten ihren historischen Ursprung in der griechischen Demokratie der Antike. Damals wurden PolitikerInnen nicht gewählt, sondern ausgelost – und man konnte sich gegen dieses phantastische Amt nicht wehren. Der Nachteil: Man war viel unterwegs in der Hauptstadt und konnte daheim den Acker nicht bestellen. Damit die politischen Entscheidungsträger (Frauen durften ja noch einige Tausend Jahre nicht mitmachen) nicht verhungerten, zahlte man ihnen Geld, damit sie ihren Lebensunterhalt bestreiten konnten.

Heute haben wir im Parlament wenige Landwirte, die ihren Acker nicht bestellen können, aber das Grundproblem ist gleich: Wer Politik macht, muss als wichtigste Voraussetzung Zeit haben. Zeit, in der man kein Geld verdienen kann. Das muss ausgeglichen werden. Außerdem müssen PolitikerInnen unabhängig entscheiden können. Dazu gehört eine gewisse finanzielle Unabhängigkeit – übrigens auch für die Zeit nach dem Mandat.

 

Wie viel arbeitet man als PolitikerIn? Ist die Bezahlung dafür angemessen?

Das ist ganz unterschiedlich. Als Abgeordneter in der zweiten Reihe hat man schon noch die Möglichkeit, in der Sommerpause Urlaub zu machen und hat manchmal sogar ein freies Wochenende. Frei heißt dabei aber eben nicht, dass man Freitagmittag den Griffel fallen lässt und Montag gegen 9 Uhr wieder anfängt. Es sind im Gegenteil solche „freien“ Zeiten, in denen man Anträge entwirft, Briefe schreibt etc. oder einfach mal die liegen gebliebenen Mails abarbeitet. In einer Ausschusswoche ist für solche Dinge wenig Zeit, in der Plenarwoche erst recht nicht.

Deshalb fällt es mir auch immer schwer, zu sagen, wie viele Stunden in der Woche ich arbeite. In jedem Fall ist es mehr als eine 40- Stunden- Woche, und das gilt uneingeschränkt für alle Abgeordneten. Aus meiner Sicht sollte sich die Höhe der Abgeordnetenbezüge aber daran bemessen, wie die Unabhängigkeit der EntscheidungsträgerInnen gewährleistet werden kann. Das wird durch die derzeitige Höhe erreicht.

 

Viele PolitikerInnen haben doch jede Menge Nebentätigkeiten, oder?

Auch das ist ein immer wieder gehörter Vorwurf. Ich kann es nur für meine Fraktion sagen, weil ich meine Kolleginnen und Kollegen gut genug kenne und eng genug mit ihnen zusammenarbeite, um das sicher beurteilen zu können: Wir sind allesamt keine Nebenerwerbsabgeordneten. Wer sich die Übersicht über die Nebeneinkünfte der GRÜNEN MdL anschaut (abzurufen unter http://gruene-fraktion-nrw.de/fileadmin/user_upload/ltf/Publikationen/Sonstiges/Nebentaetigkeiten_Gruene_MdL_Stand_03.2011.pdf), wird sehen, dass alle Nebentätigkeiten entweder aus dem Landtagsmandat oder aus kommunalen Mandaten resultieren. Für mich trifft nichts dergleichen zu: Ich habe keinerlei Nebeneinkünfte.

Als GRÜNE haben wir wiederholt darauf hingewirkt, dass die Abgeordneten des Landtags ihre Nebeneinkünfte vom ersten Euro an und auf den Euro genau öffentlich angeben müssen. Damit waren wir bisher aber nicht erfolgreich. Die Veröffentlichungspflichten des Landtags sind jedoch nach wie vor nicht weitgehend genug.

 

Nach zwei Wahlperioden hast Du ausgesorgt, oder?

Wie bereits weiter oben ausgeführt, errechnet sich der Rentenanspruch aus der Einzahlungs- und Anspardauer und der versicherungsmathematischen Lebenserwartung. Das bedeutet: Wer im frühen Lebensalter im Parlament ist, bekommt möglicherweise höhere Altersbezüge, weil der eingezahlte Betrag länger angelegt wird – allerdings unterliegt diese Rechnung dem Inflationsrisiko. Wer länger im Parlament ist, zahlt eine höhere Summe ein, die dann beim Renteneintritt zur Verfügung steht. Und wer 2050 sein Renteneintrittsalter erreicht, dessen Altersentschädigung wird anders berechnet als wenn das 2012 der Fall ist. Festzuhalten ist jedenfalls, dass die Ansprüche im Alter individuell unterschiedlich sind. Nach Angaben des Versorgungswerks entstehen bei den aktuellen Versorgungswerkseinzahlungen in etwa Pensionsansprüche, die denen der Besoldungsstufe A 13 entsprechen. Diese Stufe wird vielen LehrerInnen an Gymnasien oder den LeiterInnen von Grundschulen mit weniger als 192 SchülerInnen gezahlt.

 

Eine Diätenerhöhung ist Selbstbedienung!

Abgeordnete entscheiden selber über ihre Bezüge. Da liegt der Vorwurf der „Selbstbedienung“ natürlich nahe. Um diese missliche Situation zu lösen, gab es in der Vergangenheit immer wieder Versuche. Zeitweise waren die Abgeordnetenbezüge der Bundestagsabgeordneten direkt an die Bezüge von RichterInnen an den obersten Bundesgerichten angeknüpft, mal gab es Versuche mit unabhängigen Kommissionen. Immer gibt es jedoch einen kritischen Punkt an solchen Lösungen, den das Bundesverfassungsgericht bereits in den 1970er Jahren betont und seitdem in seiner Rechtsprechung konsequent weitergetragen hat: Die Abgeordneten haben eine direkte Legitimation durch die Bevölkerung, die diese in der Wahl zum Ausdruck gebracht hat. Deshalb sind sie auch für ihre eigenen Angelegenheiten und die des Mandats direkt verantwortlich und können diese Verantwortung nicht abtreten.

Wie erklärt es sich, dass die Landtagsabgeordneten mehr verdienen als die Bundestagsabgeordneten?

Es stimmt, dass es auf den ersten Blick seltsam aussieht, dass für die Abgeordneten im Landtag ca. 10.700 Euro monatlich im Abgeordnetengesetz vorgesehen sind und für die Bundestagsabgeordneten „nur“ 7.800 Euro, bzw. 8.200 Euro ab 2013. Der Unterschied ist ein ganz einfacher: Während im Abgeordnetengesetz NRW der tatsächliche Betrag ausgewiesen wird, den Abgeordnete zur Verfügung haben (wenn man ganz präzise sein will: Den Abgeordneten steht der Betrag abzüglich des Beitrags zum Versorgungswerk zur Verfügung, da eine Pflichtmitgliedschaft im Versorgungswerk besteht), wird durch das Abgeordnetengesetz des Bundes eine gesonderte Kostenpauschale gewährt (bzw. mehrere verschiedene Pauschalen). Das führt dazu, dass die Höhe der Abgeordnetenbezüge im Land NRW immer erklärungsbedürftig ist, weil sie deutlich höher „aussieht“ als die „Kosten“ eines oder einer Bundestagsabgeordneten. Ich halte auch die Höhe der Ausstattung von Bundestagsabgeordneten im Übrigen für vollkommen angemessen, die Regelung in NRW ist lediglich transparenter.

 

Aber wurde nicht im Rahmen der Diätenreform 2005 die Diät verdoppelt?

Dieser Eindruck kommt ausschließlich dadurch zustande, dass der Landtag NRW als erstes Parlament bundesweit transparent in den Abgeordnetenbezügen zum Ausdruck gebracht hat, wie viel das Land für jedeN einzelneN AbgeordneteN aufwendet. Im Jahr der Umstellung gab es neben 4.800 Euro Grunddiät, bis zu 3.700 Euro Pauschalen. Diese Beträge wurden mit dem Beitrag zum Versorgungswerk in Höhe von damals 1.500 Euro zu Abgeordnetenbezügen von 9.500 Euro zusammengeführt. Im Unterschied zum alten Recht sind nun nicht mehr 4.800 Euro, sondern 9.500 Euro steuerpflichtig.

Kann ein Versorgungswerk mit 181 EinzahlerInnen funktionieren?

Tatsächlich ist das Versorgungswerk der MdL mit 181 regelmäßigen EinzahlerInnen (das ist die gesetzliche Mindestgröße des Landtags, durch die zahlreichen Überhang- und Ausgleichsmandate beträgt die Mitgliedszahl in der 16. Wahlperiode 237 Abgeordnete) relativ klein. Das führt aber auch dazu, dass in der Aufbauphase, in der wir uns nach wie vor befinden, es relativ wenig Leistungsfälle gibt. Das neue Abgeordnetenrecht gilt erst für diejenigen Abgeordneten verbindlich, die in der 14. Wahlperiode (d.h. 2005-2010) oder später in den Landtag gewählt wurden. Die anderen Mitglieder hatten die Wahl, die meisten sind allerdings im alten System verblieben. Insofern ist es möglich, zunächst ein relativ hohes Anlagevermögen aufzubauen, aus dem die Leistungen bestritten können, wenn eine größere Zahl von Abgeordneten ins Pensionsalter kommt. Im Übrigen ist das Versorgungswerk der MdL in einer engen Kooperation mit dem Ärzteversorgungswerk Westfalen, wodurch das Versorgungswerk der MdL zusätzlich abgesichert ist, insbesondere auch vorteilhafte Anlagekonditionen erhält.

Ist die Struktur des Versorgungswerks sicher?

Das Versorgungswerk der MdL tätigt sehr sichere Anlagen. Aktien sind nicht im Portfolio. Da die Anlagedauer sehr lang ist, erfolgen nur risikoarme Anleihen, insbesondere in Staatsanleihen. Ein wesentlicher Teil des Gewinns wird in eine Verlustrücklage zugeführt. Auch in den Krisenjahren 2008 und 2009 hat das Versorgungswerk keinen Verlust gemacht. Zugleich sind die Erträge nach allen aktuellen Prognosen ausreichend, um eine angemessene Altersentschädigung zu ermöglichen.

 

 

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